Kindern Diversität erklären

„Beim Kneten oder Schaukeln spielt es keine Rolle, welche Hautfarbe ein Kind hat.“

Bild: Teo Zac / unsplash

Wie erkläre ich meinem Kind, dass es Familien gibt, die eine andere Religion haben oder eine andere Kultur? Und dass dieses "anders als ich" völlig ok ist? Nkeshi Madobuko ist Diversitätstrainerin für Kinder und Erwachsene und gibt Tipps.

Nkeshi Madobuko gibt Workshops und Seminare rund ums Thema Diversität und Diskriminierung, vor allem in Kindergärten und sozialen Einrichtungen. Sie ist promovierte Soziologin und hat schon mehrere Bücher zum Thema Diversität geschrieben.

Wir haben mit ihr gesprochen, wie man dieses komplexe Thema am besten  mit Kindern angeht.

Bild: Nkechi Madubuko

Wie können wir als Eltern unseren Kindern am besten Vielfalt erklären, mal ganz einfach gefragt?

Vielfalt ist im Grunde etwas, was in uns allen steckt. Wir sind Individuen, wir haben eine Persönlichkeit und wir haben unterschiedliche Eigenschaften, wie Herkunft, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit. Wir können laufen oder nicht, wir können sehen oder nicht sehen, wir sprechen verschiedene Sprachen und essen und trinken unterschiedliche Dinge.

Vielfalt bedeutet, dass wir unterschiedlich sind, aber dass es überhaupt kein "besser" oder "schlechter" gibt. Egal wie die Ausprägung ist, alles ist richtig und zugehörig.

Kleine Kinder nehmen ja zwischen sich und anderen Kindern ganz lange keine Unterschiede wahr oder selbst wenn sie Unterschiede merken, ist ihnen das eigentlich egal. Wann und wieso ändert sich diese Wahrnehmung ?

Kinder nehmen Unterschiede schon mit neun Monaten wahr. Die Bewertung lernen sie durch ihr Umfeld. Während sie groß werden, lernen Kinder, wer als zugehörig gesehen wird, welche Sprache als wichtig anerkannt wird und wer Kommentare zu seinen Merkmalen bekommt – und wer nicht.

Sie lernen auch viel durch Kinderbücher: Wer wird dort gezeigt und wer nicht? Über diese Informationen lernen sie Machtverhältnisse und was als schön und anerkannt gesehen wird.

Viele Kinder und Familien hier in Bayern haben einen Migrationshintergrund. Was empfehlen Sie Eltern, wenn ihre Kinder negative Erfahrungen aufgrund ihres Migrationshintergrunds machen?

Wenn Kinder ungleiche Behandlung erleben, sei es in der Kita, in der Schule oder beim Bäcker, sollten Eltern ihnen erklären, dass das eine Ungerechtigkeit ist. Und dass sie selbstverständlich genauso dazugehören, wie alle anderen auch. Wir als Erwachsene geben den Kindern einen Spiegel: So wie wir sie sehen, sehen sie sich auch selbst. Deshalb plädiere ich stark dafür, Kinder nicht in Schubladen zu stecken und abzuwerten.

Finden Sie Kinderbücher, die auf Diversität hinweisen, wichtig?

Ja, wir brauchen diese Bücher auf jeden Fall. Aber nicht in dem Sinne, dass ein Kind etwas Besonderes leisten muss, um anerkannt zu werden. Wir brauchen Bücher mit natürlicher Vielfalt.

Wir brauchen aber auch Lehrer und Erzieher, die sofort einschreiten, wenn sie Diskriminierung oder Mobbing wahrnehmen. Aus meiner Sicht greifen Fachkräfte immer noch viel zu selten ein, weil sie unsicher sind oder die Situation nicht ernst genug nehmen. Aber genau das sind die Situationen, in denen sie Kinder vermitteln können, dass wir alle Individuen sind und es kein besser oder schlechter gibt.

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Bei Spielzeug, Büchern und Kinderserien hat sich ja wahnsinnig viel getan. Sind Sie damit zufrieden oder würden Sie sich noch mehr wünschen?

Es gibt einen Wandel beim Spielzeug, aber ich finde, das muss noch weitergedacht werden. Was bringt das „diverse Spielzeug“ im Kindergarten, wenn ein Kind trotzdem beim Essen ausgegrenzt wird?

Wir brauchen Erwachsene, die Vorbilder sind. Denn Kinder orientieren sich ganz stark an Erwachsenen. Und vor allem daran, wie Erwachsene die Welt einordnen. Es gibt Merkmale, die werden nie kommentiert und andere dafür ständig. Das überträgt sich auf die Kinder.

Dabei spielen diese Merkmale in vielen Alltagssituationen überhaupt keine Rolle. Wenn Kinder miteinander kneten oder schaukeln zum Beispiel, ist es egal, an welchen Gott sie glauben oder welche Hautfarbe sie haben.

Serientipp: Die Sendung mit dem Elefanten zum Thema Diversität

Kurzzusammenfassung

Diversitätstrainerin Nkeshi Madobuko sagt: Jeder Mensch ist einzigartig, mit seinen individuellen Merkmalen. Dadurch unterscheiden wir uns voneinander, aber diese Merkmale machen keinen Menschen besser oder schlechter. Diese Einstellung sollten wir Erwachsene unseren Kindern vorleben und eingreifen, wenn wir Diskriminierung unter Kindern wahrnehmen.