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Schüleraustausch

Wenn das Auslandsjahr zum Albtraum wird

Bild: colourbox

Rund 20.000 Kinder aus Deutschland besuchen jedes Jahr eine Schule im Ausland. Hauptziel sind die USA. Dort aber herrscht Gastfamilienmangel, die Folgen bekommen auch deutsche Schüler zu spüren. Statt dem viel beworbenen besten Jahr ihres Lebens erleben einige ein Albtraumjahr.

Wer ein Schuljahr in den USA, Neuseeland, Frankreich, Großbritannien oder Kanada verbringen will, für den ist in diesen Wochen Hochsaison. Auf vielen Messen, Informationsabenden und Veranstaltungen in ganz Deutschland werben Dutzende Organisationen um Kunden: Schüler und deren Eltern. Sie zahlen im Schnitt - je nach Programm - rund 10.000 Euro oder mehr, die Preisspanne reicht bis 60.000 Euro. Viel Geld - und große Hoffnungen: Sprachkenntnisse, Horizonterweiterung, Karriereaussichten und ganz viel Spaß und Abenteuer. Für die meisten Austauschschüler erfüllt sich dieser Traum.

Eine Investition in die Zukunft?

Oskar (15) aus München wollte in die USA - um sein Englisch aufzubessern. Doch seine Abreise wurde immer wieder verschoben, weil der Veranstalter YFU - Youth for Understanding - keine Gastfamilie fand. Das Auslandsjahr stand auf der Kippe. Dann bot YFU gegen einen Aufpreis von 4.500 Euro Kanada an. Der Teenager landete nach mehreren Stationen schließlich im französischsprachigen Teil Kanadas.

Unsere Teilnahmeverträge von 2015 garantierten in keinem Zielland eine Platzierung in einem bestimmten Landesteil oder in einer bestimmten sprachlichen Umgebung. Im Fall von Kanada gibt es mit Englisch und Französisch zwei gleichberechtigte Amtssprachen. Es kann daher sogar auch vorkommen, dass Jugendliche zwar im primär französischsprachigen Teil, aber bei einer englischsprachigen Gastfamilie leben, und andersherum." (Veranstalter Youth für Understanding (YFU) auf BR-Anfrage)

20.000 Euro hat die Familie für Oskars Auslandsjahr insgesamt ausgegeben, dabei besuchte er knapp zwei Monate lang keine Schule. Trotzdem hatte der 15-Jährige noch Glück: Claudia aus Hamburg (15) kam auch nach Kanada und wurde dort in einer Gastfamilie untergebracht, in der Drogen konsumiert wurden. Als der erwachsene Sohn die minderjährige Schülerin zum Kiffen verführt, wird sie in der Nacht aus der Familie geholt und in einen Keller gesperrt. Ihre Eltern erfahren erst einen Tag später davon. Laut YFU Deutschland werden Gastfamilienwechsel unterschiedlich kommuniziert: "Je nach Dringlichkeit und Möglichkeit erfolgt dies in manchen Fällen auch kurzfristig oder sogar erst kurz nach einem kurzfristigen Umzug." Dies sei auch unter dem Stichwort Zeitverschiebung zu betrachten, schreibt YFU auf BR-Anfrage.

Bild: dpa/picture-alliance

Auch bei diesen SchülerInnen gab's Probleme:

  • Auch Stefania (17) aus Karlsruhe hat nicht nur schöne Erinnerungen mitgebracht. Sie landete bei Mormonen im US-Bundesstaat Utah. Ein junges Ehepaar, Mitte 20, frisch verheiratet und offenbar nicht auf einen Teenager eingestellt. Stefania fühlte sich nicht willkommen und auch in puncto Hygiene lagen die Vorstellungen weit auseinander: Die Wohnung sei verschmutzt und ungepflegt gewesen, in der Küche Schimmelreste, die Badewanne verkrustet. Das Mädchen bat darum, die Familie zu wechseln. Innerhalb eines Monats wurde sie durch drei verschiedene Familien weitergereicht und schließlich nach Hause geschickt. Sie sei undankbar gewesen, schreibt der Veranstalter.

  • Ferdinand aus Arnstein (15) lebte zunächst mehrere Wochen mit etlichen anderen Kindern bei seiner Betreuerin. Es gab für ihn keine Gastfamilie, das aber verstößt gegen die Regeln des US-State Departments. Ferdinand ist Asthmatiker und musste mehrere Atteste vorlegen, trotzdem kam er später in eine Familie mit vielen Haustieren, gegen die er allergisch ist.

  • Richard (Name geändert) aus Schleswig-Holstein landete in der schmutzigen Wohnung einer amerikanischen Gastfamilie. Man habe nicht barfuß laufen können, überall sei Kot der Haustiere verteilt gewesen, so sein Resümee. Außerdem hatte Richard das Gefühl, dass sich die Gastfamilie keine drei Mahlzeiten am Tag leisten konnte. Er schreibt in der Abschlussumfrage des Veranstalters: "Leider war das erste halbe Jahr ein Reinfall, weil ich vom Veranstalter im Stich gelassen und nur als Problem (…) bezeichnet wurde. (…) Es hieß immer nur, ich müsse eine Gastfamilie finden. Was ich am Ende auch getan habe."

Ursachen für den Gastfamilienmangel

Immer mehr Schüler aus Asien drängen auf den Markt und wollen im beliebten Ziel USA eine Schule besuchen. Außerdem scheint in den Vereinigten Staaten die Idee der ehrenamtlichen Gastfamilie langsam auszusterben. Etliche Familien sind auf zusätzliche Einkünfte angewiesen. Beim klassischen Highschoolprogramm mit dem J1-Visum aber darf eigentlich kein Geld fließen. Verbraucherschützer wie Barbara Engler von der Aktion Bildungsinformation e.V. in Stuttgart stellen fest, dass vor allem in den USA immer mehr Gastfamilien sich die Aufnahme eines Gastschülers bezahlen lassen wollen. Sie wechseln vom klassischen Programm ins F1-Programm, wo sie 500 bis 600 Euro pro Monat erhalten. Auffällig sei, meint Barbara Engler, dass in dem F1-Programm deutlich weniger Beschwerden vorlägen.

Das US-Außenministerium hat die Probleme mit manchen Gastfamilien erkannt. Auf Anfrage schickt das State Departement dem Bayerischen Rundfunk eine Liste der sanktionierten amerikanischen Organisationen. Das Ministerium teilt den Veranstaltern Visa-Kontingente zu. Verstoßen sie gegen rechtliche Auflagen, gibt es weniger Visa und damit weniger Schüler. Auf der Liste stehen unter anderem IE, PEACE, AFS und YFU. Auf Nachfrage schreibt YFU Deutschland: "Wir wissen um eine geringe Reduzierung der für YFU USA bereitgestellten Visa-Antragsformulare."

Mehr Infos, Hintergründe und Anbieter bekommt ihr bei BR24

Autoren: Lisa Wreschniok, Claudia Gürkov

Kurzzusammenfassung

Rund 20.000 Kinder aus Deutschland besuchen jedes Jahr eine Schule im Ausland. Hauptziel sind die USA. Dort aber herrscht Gastfamilienmangel, die Folgen bekommen auch deutsche Schüler zu spüren. Statt dem viel beworbenen besten Jahr ihres Lebens erleben einige ein Albtraumjahr.

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